Kommentar zur Bundestagwahl 2017 - Appell an Abgeordnete, Bundeswehrmandat in Syrien nicht zu verlängern

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Am vergangenen Sonntag wählten die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland den neuen Bundestag. Mit dem Einzug der FDP und der AfD sowie mit dem erklärten Ende der großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD ergeben sich grundlegende Veränderungen im Parlament, die schon jetzt Auswirkungen auf die Inhalte unserer Kampagne haben: Laut aktuellen Medienberichten plant die noch amtierende Bundesregierung, die Bundeswehreinsätze in Syrien und Afghanistan, deren Mandate zum Ende dieses Jahres auslaufen, per Regierungsdekret um drei Monate bis März 2018 zu verlängern und erst dann das Parlament über die Fortführung der Einsätze entscheiden zu lassen. Dies würde den Parlamentsvorbehalt, also das allein dem Parlament vorbehaltene Recht, über den Einsatz der Bundeswehr im Ausland zu entscheiden, temporär aushebeln – und das, obwohl der Bundestag ab seiner konstituierenden Sitzung am 23. Oktober beschlussfähig ist und durchaus in der Lage wäre, über die Verlängerung der Einsätze zu entscheiden. Wir fordern die Bundesregierung auf, von diesem Plan abzusehen und dem Parlament sein Recht zuzugestehen, noch in diesem Jahr und vor Ablauf der Mandate über die Beendigung bzw. Verlängerung der Bundeswehreinsätze zu entscheiden.

Gleichzeitig erneuern wir unsere Forderung an die alten und neuen Abgeordneten des Deutschen Bundestags, den Einsatz der Bundeswehr im Syrienkrieg nicht zu verlängern. Wir appellieren insbesondere an die neu im Bundestag vertretenen FDP-Abgeordneten, sich auf die liberale Tradition der militärischen Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten und die militärisch zurückhaltende Außenpolitik von Guido Westerwelle zu besinnen und einer Verlängerung des Mandats nicht zuzustimmen.

Das Mandat „Operation Counter Daesh“ wurde im Dezember 2015, nur drei Wochen nach den Anschlägen in Paris, erteilt. Obwohl die Attentäter keine Syrer waren, sondern belgische und französische Staatsbürger, beschlossen die Abgeordneten als unmittelbare Reaktion auf die Anschläge, den Terrorismus mit einem Militäreinsatz zu bekämpfen. Die Bündnissolidarität zu Frankreich war dabei eines der ausschlaggebenden Argumente. Ob ein bewaffneter Militäreinsatz tatsächlich dazu beitragen kann, den Terrorismus zu bekämpfen, oder ob er ihn nicht im Gegenteil weiter befeuert, wurde in der breiten Öffentlichkeit nur am Rande diskutiert.

Zudem spricht die Tatsache, dass die internationale "Anti-IS-Koalition" von Juli bis Oktober 2017 – während des Umzugs der Bundeswehr aus dem türkischen Incirlik nach Jordanien – mehrere Monate lang offenbar gut auf die Aufklärungsbilder der deutschen Tornados verzichten konnte, gegen die militärische Notwendigkeit dieses Einsatzes.

Aus diesen und weiteren Gründen, die wir in unserem Forderungspapier von März 2017 darlegen, halten wir das Mandat für völker- und verfassungsrechtlich bedenklich, politisch unklug, militärisch sinnlos und in Bezug auf sein Mandatsziel – die Bekämpfung des Terrorismus – eindeutig kontraproduktiv.

Wir erinnern an dieser Stelle an unsere Petition "NEIN zum Bundeswehreinsatz in Syrien – JA zu zivilen Lösungen", die kurz vor der Bundestagsabstimmung – je nach Entscheidung der Bundesregierung noch Ende dieses Jahres oder erst im Frühjahr 2018 – Vertreter*innen des Bundestags überreicht werden soll, und bitten um breite Unterstützung der Petition.