Offener Brief an die Bundesregierung zur aktuellen Situation im Iran und zum Bundeswehreinsatz in Syrien

Foto Bundesregierung

 

An die
Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Außenminister Heiko Maas
Berlin
 

OFFENER BRIEF ZUR AKTUELLEN SITUATION IM IRAN UND ZUM BUNDESWEHREINSATZ IN SYRIEN


Sehr geehrte Frau Merkel, sehr geehrter Herr Maas,

wir sind gemeinsam mit Ihnen sehr besorgt um den Frieden im Nahen Osten: Die einseitige Aufkündigung des Atomabkommens mit Iran durch den US-amerikanischen Präsidenten vor einem Jahr und die Eskalation durch seine neuerliche Entsendung von Truppen in die Region führen zu einer extrem gefährlichen Situation. Die Bevölkerung im Iran leidet stark unter der durch die Sanktionspolitik ausgelöste Wirtschaftskrise. Ein etwaiger Angriff der USA auf den Iran würde katastrophale Folgen für die gesamte Region mit sich ziehen. Ein solcher Krieg hätte nach unserer Auffassung auch schwerwiegende Folgen für Europa und den Frieden in der Welt.

Wir möchten Sie daher ermutigen, sich noch erheblich stärker gegen die Eskalation dieses Konfliktes einzusetzen als bisher; diplomatisch, aber auch indem Sie den USA die Unterstützung für einen solchen Militärschlag entziehen.

Ein wichtiger Schritt muss dabei der vollständige Abzug der Bundeswehr aus der Region sein. Wir sehen eine große Gefahr darin, dass die derzeit in Jordanien und Irak stationierten Bundeswehrsoldat*innen in einen möglichen Krieg zwischen den USA/Israel und Iran verwickelt werden könnten. Einerseits könnten die von Jordanien aus startenden Tornadokampfflugzeuge wie auch die AWACS-Systeme eine unterstützende Funktion in einem solchen Krieg übernehmen, andererseits könnten die Bundeswehrsoldat*innen im Irak selbst zu einem Angriffsziel werden. Beides kann keine Option für die bundesdeutsche Politik sein.

Umso mehr beunruhigt uns die jüngst in mehreren Medien veröffentlichte Meldung, dass das sog. Anti-IS-Mandat der Bundeswehr in Syrien entgegen Ihres Kabinettsbeschlusses von Oktober 2018 nun doch verlängert werden könnte – und zwar auf Wunsch der US-amerikanischen Regierung. Gerade in diesen Tagen und Wochen einer drohenden Eskalation im Nahen Osten, angetrieben durch eine aggressive Politik der USA, wäre das ein völlig falsches Signal.

Darum fordern wir von Ihnen:

  • den sofortigen Abzug aller deutschen Soldat*innen aus der Region in die Wege zu leiten
  • und insbesondere bei Ihrem Beschluss zu bleiben, das sog. Anti-IS-Mandat spätestens im Oktober 2019 auslaufen zu lassen.
  • Damit würden Sie ein deutliches Zeichen gegen die Eskalationspolitik der USA setzen.

Gleichzeitig sollte versucht werden, die wirtschaftliche Situation der gesamten Region zu stabilisieren. Wie im Iran leidet auch die Bevölkerung in Syrien unter Sanktionen und ist durch die Kriegszerstörungen besonders belastet. Eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen würde maßgeblich zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Auch die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Damaskus und die Einrichtung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen Osten könnten konstruktive Beiträge zur Friedensschaffung und Stabilisierung der Region sein.

Wir möchten Sie bitten, die deutsche Politik in diesem Sinne deeskalierend auszurichten und bitten um Stellungnahme zu unseren oben genannten Forderungen bis zum 1. Juli 2019. Ihre Antwort werden wir auf unserer Webseite veröffentlichen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Grabenhorst, IPPNW
Berthold Keunecke, Versöhnungsbund
Ulrich Wohland, Werkstatt für Gewaltfreie Aktion

Sprecher*innen der Kampagne "MACHT FRIEDEN. Zivile Lösungen für Syrien"

 

Hier gibt es den offenen Brief an die Bundesregierung als PDF.