Beobachtungen zum Ergebnis der Syrienmandatsabstimmung am 12.12.2017

MACHT FRIEDEN Kurz notiert

Am 12. Dezember 2017 stimmten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dem Antrag der geschäftsführenden Bundesregierung auf Verlängerung des Bundeswehrmandats für Syrien mit 436 Ja-Stimmen gegenüber 226 Nein-Stimmen bei 10 Enthaltungen zu. Das Bundeswehrmandat „Operation Counter DAESH“ wurde damit um weitere drei Monate bis einschließlich März 2018 verlängert.

Insgesamt gab es in diesem Jahr deutlich MEHR Stimmen GEGEN das Mandat bei WENIGER Stimmen FÜR das Mandat im Vergleich zu den Abstimmungen 2015 und 2016 (vergleichende Übersicht s.u.). Dies hat u.a. strukturelle Gründe:

  • Durch die Bundestagswahl 2017 gibt es völlig veränderte Stimmenanteile der Fraktionen im Bundestag. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD haben deutlich an Stimmen verloren, die Grünen und Linken haben leicht dazugewonnen und mit der FDP und der AfD sind zwei ganz neue Fraktionen (wieder) in den Bundestag eingezogen.
  • Mit der AfD-Fraktion ist eine Fraktion hinzugekommen, die (grundsätzlich) geschlossen gegen Bundeswehrmandate stimmt – allerdings, das sei hier angemerkt – aus grundsätzlich anderen Gründen als z.B. die Fraktion der Linken.

Ein direkter quantitativer Vergleich der Abstimmungsergebnisse 2017, 2016 und 2015 ist wegen dieser Verschiebungen bei den Stimmenanteilen nur sehr eingeschränkt möglich. Deshalb seien hier nur einige Beobachtungen unsererseits festgehalten:

  • Der Text des Mandats entsprach nahezu unverändert dem des letzten Jahres – es gab keine aktualisierte Lageanalyse, trotz teilweise umfassend veränderter Situation in Syrien. Bei der nächsten Abstimmung über das Mandat im Frühjahr ist – unter einer dann möglicherweise neuen Bundesregierung – ein anderer, angepasster Mandatstext auf Grundlage einer neuen Lageanalyse zu erwarten
  • Geschlossen GEGEN das Mandat gestimmt haben die Fraktionen der Linken und der AfD; mit nur einer Ausnahme (Manuel Sarrazin) und sieben Enthaltungen auch die Fraktion der Grünen.
  • Bei der SPD gab es insgesamt WENIGER Nein-Stimmen als noch 2015 und 2016. Dies liegt zum großen Teil auch daran, dass die SPD-Fraktion deutlich kleiner geworden ist. Im Vergleich zu anderen Abstimmungen über Bundeswehrmandate bleibt hier weiterhin auffällig, dass weiterhin relativ viele SPD-Abgeordnete (15) gegen den Antrag der eigenen Bundesregierung stimmen; zwei enthielten sich.
  • Bei den Abstimmungen 2015 und 2016 hatten jeweils zwei CDU/CSU-Abgeordnete (Hans-Georg von der Marwitz und Martin Patzelt) GEGEN die Parteilinie und das Mandat gestimmt, was innerhalb dieser Fraktion eher ungewöhnlich ist. Beide haben diesmal FÜR das Mandat gestimmt. Es gab eine Enthaltung (Andreas Lenz).
  • Die FDP hat geschlossen FÜR das Mandat gestimmt. Es bleibt abzuwarten, ob die Fraktion dies auch weiterhin tun wird oder sie in ihrer neuen (voraussichtlichen) Oppositionsrolle zu einer kritischeren Position findet.
  • Von Seiten der beiden fraktionslosen Mitglieder des Bundestags gab es eine Nein-Stimme und eine Stimme wurde nicht abgegeben.

Auf unseren Anfang Dezember verschickten Brief an die Abgeordneten des Bundestages haben sich mittlerweile Abgeordnete fast aller angeschriebenen Fraktionen zurückgemeldet (SPD, FDP, Linke, Grüne), davon haben mehrere ausdrücklich die Positionen der Kampagne unterstützt. Von der CDU/CSU gibt es bislang keine Reaktion; die AfD wurde nicht angeschrieben.

Da die Regierungsbildung weiterhin nur sehr überschaubare Fortschritte macht, ist noch nicht abzusehen, wann es zu einer erneuten Abstimmung über das Syrienmandat kommen wird. Im Dezember 2017 wurde das Mandat nur bis zum 31.03.2018 verlängert. Um das Mandat fortzusetzen, muss es noch vor diesem Termin zu einer erneuten Abstimmung kommen, ansonsten muss es mit sofortiger Wirkung zum 31.03. beendet werden. Dies wird sowohl die alte, geschäftsführende Bundesregierung als auch die möglicherweise dann bestehende neue Bundesregierung verhindern wollen, weshalb wir von einer erneuten Abstimmung (spätestens) in den beiden letzten Sitzungswochen im März ausgehen (Zeitraum 12.-23.03.2018). Sollte bis dahin eine neue Bundesregierung bestehen, wird vermutlich eine Verlängerung des Mandats – wie es die Regel ist – um weitere 12 Monate beantragt werden oder zumindest eine Verlängerung bis zum 31.12.2018.

Sollte es bis März keine neue Regierung geben, steht zu vermuten, dass wieder nur eine verkürzte Mandatsverlängerung um z.B. weitere drei Monate bis 31.06.2018 geplant ist, in der Erwartung, dass bis dahin eine neue Bundesregierung zustande gekommen ist, die dann wiederum ein neu formuliertes Mandat beantragen würde.

Sollte es Neuwahlen geben, wird der Prozess womöglich noch ganz anders gestaltet – aber das steht bekanntlich noch in den Sternen und muss abgewartet werden.

Wir als Kampagne werden diese Entwicklungen auf jeden Fall aufmerksam verfolgen, euch hier auf dem Laufenden halten und zu den Mandatsabstimmungen wieder mit Aktionen und Lobbyarbeit in Erscheinung treten. Denn auch 2018 wollen wir uns GEGEN den Bundeswehreinsatz in Syrien und FÜR Zivile Lösungen einsetzen. Wir hoffen, ihr unterstützt uns auch weiterhin dabei!

 

Abstimmungsergebnisse Syrienmandat der Bundeswehr 2015-2017 auf einen Blick

 

Antrag der geschäftsführenden Bundesregierung auf dreimonatige Verlängerung des Mandats „Counter Daesh“ bis 31.03.2018, Abstimmung im Bundestag am 12.12.2017:

 

Insgesamt:      436 Ja-Stimmen, 226 Nein-Stimmen, 10 Enthaltungen, 37 nicht abgegebene Stimmen

CDU/CSU:       235 Ja, 0 Nein, 1 Enthaltung, 10 nicht abgegebene Stimmen

SPD:                124 Ja, 15 Nein, 2 Enthaltungen, 12 nicht abgegebene Stimmen

AfD:                 0 Ja, 89 Nein, 0 Enthaltungen, 3 nicht abgegebene Stimmen

FDP:                76 Ja, 0 Nein, 0 Enthaltungen, 4 nicht abgegebene Stimmen

Die Linke:        0 Ja, 63 Nein, 0 Enthaltungen, 6 nicht abgegebene Stimmen

Bündnis 90/Die Grünen:        1 Ja, 58 Nein, 7 Enthaltungen, 1 nicht abgegebene Stimme

Fraktionslos:  0 Ja, 1 Nein, 0 Enthaltungen, 1 nicht abgegebene Stimme

 

Link zur namentlichen Abstimmung 2017: https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=489 

 

 

Abstimmungsergebnis von November 2016 zur erstmaligen Verlängerung und Erweiterung des Mandats „Counter Daesh“ bis 31.12.2017, Abstimmung im Bundestag am 10.11.2016:

 

Insgesamt:      445 Ja-Stimmen, 139 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen, 44 nicht abgegebene Stimmen = 630 Stimmen

CDU/CSU:       289 Ja, 2 Nein, 1 Enthaltungen, 18 nicht abgegebene Stimmen

SPD:                156 Ja, 27 Nein, 1 Enthaltungen, 9 nicht abgegebene Stimmen

Die Linke:        0 Ja, 55 Nein, 0 Enthaltungen, 9 nicht abgegebene Stimmen

Bündnis 90/Die Grünen:        0 Ja, 55 Nein, 0 Enthaltungen, 8 nicht abgegebene Stimmen

 

Link zur namentlichen Abstimmung 2016: https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=437.

 

Abstimmungsergebnis von Dezember 2015 zur Einsetzung des Mandats „Counter Daesh“ bis 31.12.2016, Abstimmung im Bundestag am 04.12.2015:

 

Insgesamt:      445 Ja-Stimmen, 145 Nein-Stimmen, 7 Enthaltungen, 33 nicht abgegebene Stimmen = 630 Stimmen

CDU/CSU:       289 Ja, 2 Nein, 1 Enthaltungen, 18 nicht abgegebene Stimmen

SPD:                153 Ja, 28 Nein, 3 Enthaltungen, 9 nicht abgegebene Stimmen

Die Linke:        0 Ja, 62 Nein, 0 Enthaltungen, 2 nicht abgegebene Stimmen

Bündnis 90/Die Grünen:        3 Ja, 53 Nein, 3 Enthaltungen, 4 nicht abgegebene Stimmen

 

Link zur namentlichen Abstimmung 2015: https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=378